7. Das Gradnetz. 25
Mitteleuropäische Zeit. Der verschiedene Gang der Uhren führte
zu mancherlei Unzuträglichkeiteu. Reiste z. B. jemand in westöstlicher Rich-
tuug, so mußte er, um die richtige (natürliche) Ortszeit zu haben, seine Uhr
fortwährend vorstellen. Reiste er nach W, so war ein stetiges Zurückstellen
nötig. Man kam deshalb überein, für Mitteleuropa (Deutschland, Skandi-
navien, Dänemark, Luxemburg, die Schweiz, Österreich-Ungarn, Italien,
Serbien und die westliche Türkei) eine Einheitszeit einzuführen. Nun
bilden 15" immer einen Stundenstreifen, d. h. ein vom Nordpol zum Süd-
pol reichendes Gebiet, dessen Ostgrenze eine Stunde frühere Zeit hat als
seine Westgrenze. Da Mitteleuropa fast geuau in einen Stundenstreifen
fällt, so hat man als Mitteleuropäische Zeit die natürliche Zeit be-
stimmt, die auf dem über Görlitz sstargard) gehenden 15. Grade gilt.
Dieser Grad verläuft etwa in der Mitte des Stundenstreifens. An der
Ost- und der Westgreuze des Deutscheu Reiches zeigen Ortszeit und Mittel-
europäische Zeit einen Unterschied von je einer halben Stunde. Bei der
Post wird den Beamten die genaue Zeit jeden Morgen um 9 Uhr tele-
graphisch übermittelt.
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Ortsnamen: Mitteleuropa Deutschland Dänemark Luxemburg Schweiz Italien Serbien Mitteleuropa
— 33 —
liche Zeit eingeführt werden müssen. Das ist, nachdem andere Länder bereits vorangegangen waren, nach einem von dem Reichstage angenommenen Gesetze vom 1. April 1893 in Deutschland ebenfalls geschehen. Wir rechnen demnach vom 1. April 1893 ab nicht nur im Eisenbahnverkehr, sondern auch im gesamten Leben in ganz Deutschland nach der Zeit des 15. Meridians östl. von Greenwich, d. H. wenn es in einem Orte unter dem 15. Meridian östl. von Greenwich (z. B. in Stargard oder Görlitz) 12 Uhr mittags ist, so müssen alle Uhren in ganz Deutschland 12 Uhr mittags zeigen.
Man hätte diese Zeit die deutsche Zeit nennen können, hat ihr aber den Namen mitteleuropäische Zeit (M. E. Z.) gegeben, weil sie nicht nur für Deutschland maßgebend ist, sondern auch bereits in Schweden, in Norwegen, in Dänemärk, in Luxemburg, in Österreich-Ungarn, in der Schweiz, in Italien, in Bosnien, Serbien und der westlichen Türkei eingeführt ist und damit in dem ganzen Mitteleuropa Geltung erhalten hat.
Wenn für Deutschland als Einheitszeit gerade die Zeit des 15. Meridians östl. v. Gr. gewählt worden ist, so hat das seinen Grund darin, daß dieser Meridian das Gebiet des deutschen Reiches so ziemlich in der Mitte durchschneidet. Der Berliner Meridian wäre allerdings in dieser Beziehung noch etwas günstiger gewesen; aber es mußte auch darauf Rücksicht genommen werden, die deutsche, d. H. mitteleuropäische Zeit, mit jener der westlichen und östlichen Staaten in Einklang zu bringen, zunächst mit der Greenwicher und Petersburger, von denen die erstere genau 1 Stunde früher, die letztere fast genau 1 Stunde später ist als die des Meridians von Stargard.
Damit hat Deutschland das Seine dazu beigetragen, daß allmählich die Einführung einer Einheitszeit auf der ganzen Erde nach Stundenzonen durchgeführt werden kann. Es soll nämlich dahin gewirkt werden, daß künftig vom Grundmeridian von Greenwich an in östlicher Richtung die um eine Stunde, d. H. um 15 Grade abweichenden Meridiane (also der 15., 30., 45., 60. usw.) als Hauptmeridiane angesehen werden, und daß alle Gebiete, welche um 7y2° westlich und ebensoweit östlich von diesen einzelnen Hauptmeridianen liegen, ihre Ortszeit aufgeben und die Zeit des betreffenden Haupt-meridians annehmen. Selbstverständlich wird es sich bei Abgrenzung dieser 24 Stundenzonen nicht um genaue mathematische Grenzen handeln, sondern man wird sich auch richten nach den Grenzen der Staaten, nach Fußläufen, Gebirgszügen usw. Es würden also alle Länder, welche sich um den Meridian von Greenwich lagern (Großbritannien, Holland, Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal) dieselbe Zeit haben wie die Orte unter dem genannten Meridian. Alle Länder, welche „sich um den 15. Meridian lagern (Skandinavien, Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn, die Schweiz und Italien), würden die Zeit des 15. Meridians haben. Alle Länder, welche sich um den 30. Meridian lagern (das westliche Rußland, Kleinasien, Syrien und Ägypten), würden die
5rief e, Lehrbuch der mathematischen Geographie 4, Aufl. 3
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Stargard Deutschland Deutschland Schweden Norwegen Dänemärk Luxemburg Österreich-Ungarn Schweiz Italien Bosnien Serbien Mitteleuropa Deutschland Stargard Deutschland Holland Belgien Frankreich Spanien Portugal Skandinavien Dänemark Deutschland Italien Kleinasien Syrien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Iv. Die Revolutionszeit. 287
alles Geschehene; er wünschte sehnlich, daß Oestreich mit den romanischen Völkern im Bunde Preußen und Rußland demüthige. Schade, daß eben jetzt Königin Jsabella, die er itm ihrer Ergebenheit willen besonders auszeichnete, (Sept. 1868) von ihren spanischen Unterthanen verjagt wurde. Im Dez. 1869 versammelte er alle Bischöfe der katholischen Welt zu einem Concil, das seinen Anspruch aus Unfehlbarkeit und auf Vereinigung der vielgetheilteu Völker unter seinem milden Scepter gut heißen sollte.
11. Nordamerika und die Kolonieen.
§ 108. Daß der nordamerikanische Freiheitskampf für Europa nicht ohne Einfluß blieb, haben wir § 95 gesehen. Von ihm rührt die Begeisterung fürs Verfaf-fimgiuachen her, die seither überall auftaucht. Er trug die Revolutionsideen nach Frankreich; und von hier kehrten sie zunächst auf die Insel Haiti zurück. Spanier und Franzosen hatten ba mit Negersklaven die Zucker-bereitung gewaltig emporgebracht, und zugleich eine ansehnliche Mischklasse über die Insel verbreitet. Als nun die Weißen für die Revolution im Muttertanbe schwärmten, verlangten die Braunen ihren Antheil an den neuen Rechten und die Schwarzen sahen gleichfalls das Morgenroth einer Freiheit und Gleichheit, wie sie ihnen beliebte. Ein Aufstanb brach 1791 aus, in welchem die Pflanzer ausgerottet wurden und die Insel sich fast in eine Wüste verwandelte. Die Versuche der Franzosen, sie wieder zu unterwerfen, mißlangen. Bald kamen grausame Neger wie Dessalines 1804, bald gutmüthige wie Christoph (t 1820), bald gewandte Mulatten, wie Petion, Boyer an's Ruder; letzterer vereinigte 1822—44 die spanische Hälfte der Insel mit der französischen, ohne daß doch dieses Band oder sonst irgend eine Ordnung laug gedauert hätte. Der Fluch der Unwissenheit und des Farbenhasses, der auf der Insel ruht, macht dort jede Staatseinrichtung zu einer bloßen Phrase oder Fratze. Mit dem Beispiel Haitis bewies man seither, daß die Neger mit der Frei-
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
344
Dritte Periode der Neuzeit.
Heer Erzerum in Armenien eroberte und Kars erstürmte. Im Frieden zu San-Stefano bei Konstantinopel (3. März 1878) verschaffte sich Rußland die Übermacht aus der Balkanhalbinsel. Darum traten England und Östreich dagegen aus, und es kam unter Vermittlung des deutschen Reiches zum Berliner Kongreß (13. Juni bis 13. rjuli 1878). Rußland erhielt Kars, Ardehctn und Batum; Serbien, Rumänien und Montenegro, welche bis dahin der Türkei tributpflichtig waren, wurden unabhängig; aus Bulgarien wurde ein neues tributpflichtiges Fürstentum gebildet und dem Fürsten Alexander (Battenberg) übergeben, der aber aus Rußlands Betreiben das Land 1886 wieder verlassen mußte. Dstrumelien wurde eine selbständige Provinz unter einem christlichen Statthalter, und strebt nach vollständiger Vereinigung mit Bulgarien; Bosnien und die Herzegowina gingen in vorläufigen östreichischen Besitz über, welches dadurch größeren Einfluß auf der Balkanhalbinsel erhielt; Cypern kam unter englische Verwaltung. Griechenland wußte sich nachträglich im Norden einen Gebietszuwachs zu verschaffen.
Der russische Kaiser Alexander Ii. wurde am 13. März 1881 ein Opfer der über Rußland verbreiteten Umsturzpartei, der Nihilisten, deren Unterdrückung seinem Sohn und Nachfolger Alexander Iii. überlassen blieb.
§. 35. Die (Einigung Ifatiens.
$)er lombardische Krieg 1859. In der Lombardei war die Unzufriedenheit mit der östreichischen Herrschaft in stetem Wachsen begriffen, und auch eine Amnestie des Kaisers Franz Joseph (1857) war nicht imstande, eine günstigere Stimmung zu erwecken. Die Hoffnungen auf die Einigung Italiens richteten sich immer mehr aus den König Viktor Emanuel Ii. von Sardinien und Piemont (1849—1878), den Sohn Karl Alberts. Dieser rechnete aus Frankreichs Hilfe und gab feine Tochter dem Vetter Napoleons Iii. zur Gemahlin. Nach langem Zögern trat Napoleon auf die Seite des Königs Viktor Emanuel, und feine unfreundliche Erklärung am 1. Januar 1859 gegen den östreichischen Gesandten, daß feine Beziehungen zu Östreich nicht mehr so gut feien wie früher, machte den Ausbruch eines Krieges unzweifelhaft, in dem der französische Kaiser seine Idee, „Italien frei bis zur Adria", verwirklichen wollte. Die anderen Großmächte bemühten sich indessen, den Ausbruch des Krieges durch einen Friedenskongreß zu verhindern. Aber Östreich stellte Viktor Emanuel die Forderung, innerhalb drei Tagen zu entwaffnen. Diese
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Alexander_(Battenberg Alexander Alexander_Ii Alexander Alexander_Iii Alexander Franz_Joseph_( Franz Viktor_Emanuel_Ii Viktor Karl_Alberts Karl Napoleons Napoleon Viktor_Emanuel Viktor Viktor_Emanuel Viktor
Extrahierte Ortsnamen: Armenien Kars Konstantinopel England Kars Serbien Montenegro Bulgarien Bulgarien Bosnien Italiens Sardinien Frankreichs Napoleons
Autor: Bergsträßer, Ludwig, Lambeck, Gustav, Rühlmann, Paul, Wilmanns, Ernst
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Weltkrieg
Inhalt: Zeit: 1914-1918
Geschlecht (WdK): Jungen
30
mobilisiert. Durch diese russischen Maßnahmen sind wir gezwungen worden, zur Sicherung des Reiches die drohende Kriegsgefahr auszusprechen, die noch nicht Mobilisierung bedeutet. Die Mobilisierung muß aber folgen, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden jede Kriegs-Maßnahme gegen uns und Österreich-Ungarn einstellt und uns hierüber bestimmte Erklärung abgibt. Bitte, dies sofort Herrn Sasonow mitteilen und Stunde der Mitteilung drahten.
(Deutsches Weißbuch, Anlage 24.)
49. Telegramm der Reichskanzlers an den Kaiserlichen Botschafter in Paris vom 3t. Juli 1914- Dringend.
Rußland hat trotz unserer noch schwebenden Vermittlungsaktion und obwohl wir selbst keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen getroffen haben, Mobilmachung feiner gesamten Hrmee und Flotte, also auch gegen uns, verfügt, wir haben darauf drohenden Kriegszustand erklärt, dem Mobilmachung folgen muß, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden alle Kriegsmaßnahmen gegen uns und Österreich einstellt. Die Mobilmachung bedeutet unvermeidlich Krieg. Bitte, französische Regierung fragen, ob sie in einem russisch-deutschen Krieg neutral bleiben will. Rntroort muß binnen 18 Stunden erfolgen. Sofort Stunde der gestellten Hnfrage drahten. Größte (Eile geboten. (Deutsches Weißbuch, amage 25.)
50. Telegramm des Reichskanzlers an den Kaiserlichen Botschafter in St. Petersburg, vom August \252 p. m. Dringend.
Falls die Russische Regierung keine befriedigende antwort auf unsere Forderung erteilt, so wollen (Euere Exzellenz ihr heute nachmittags 5 Uhr (mitteleuropäische Seit) folgende (Erklärung überreichen:
Le Gouvernement Imperial s’est efforce des les däbuts de la crise de la mener ä une solution pacifique. Se rendant ä un däsir que lui en avait ete exprime par Sa Majeste l’Empereur de Russie, Sa Majeste l’Empereur d’Allemagne d’accord avec l’Angleterre etait applique ä accomplir un röle mediateur aupres des Cabinets de Vienne et de St. Petersbourg, lorsque la Russie, sans en attendre le resultat, pro-ceda ä la mobilisation de la totalite de ses forces de terre et de mer.
A la suite de cette mesure mena^ante motivee par aueun prepa-ratif militaire de la part de l’Allemagne, l’Empire Allemand se trouva vis-ä-vis d’un danger grave et imminent. Si le Gouvernement Imperial eüt manque de parer ä ce peril il aurait compromis la secu-rite et l’existence meme de l’Allemagne. Par consequent le Gouvernement Allemand se vit force de s’adresser au Gouvernement de Sa Majeste l’Empereur de toutes les Russies en sistant sur la cessation des dits actes militaires. La Russie ayant refuse de faire droit ä cette demande et ayant manifeste par ce refus, que son action etait dirigee
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T53: [Frankreich Stadt Loire Paris Rhone Garonne Maas Lyon Orlean Hauptstadt]]
Extrahierte Personennamen: Sasonow August Le_Gouvernement_Imperial
Extrahierte Ortsnamen: Paris Petersburg Petersbourg
138
so zugleich, daß er sie als Feinde nicht fürchte. Sie zogen nun
auf Kosten der Länder, durch welche sie den Zug mit ihrem
Raubgesindel nahmen, über Lothringen nach den Niederlanden,
wohin man sie zur Theilnahme am Kriege gegen Spanien ge-
rufen hatte. Allein auch hier ward man ihrer bald überdrüssig
und entließ sie. Jetzt warfen sie sich wieder auf Westfalen
und Niedersachsen und hauseten fürchterlich in diesen Ländern.
Endlich, im August 1623, erreichte sie Tilly's Schwert. Der
größte Theil des Raubgesindels wurde am 6. und 7. August
bei Stadt lohn, nicht weit von Münster, aufgerieben; die
beiden Anführer aber retteten sich durch schmähliche Flucht nach
dem benachbarten Holland.
31. Dritte Periode: Der niedersächsisch-dänische Krieg.
So waren nun alle für Friedrich geworbenen Truppen
theils aufgerieben, theils zerstreuet. Alle Bollwerke des Pro-
testantismus im Süden waren bereits gefallen. Nun schien
es, als wenn die Liga und der Kaiser ihre siegreichen Waffen
gegen den Protestantismus im Norden kehren würden; denn
Tillp stand mit einem schlagfertigen Heere in Hessen. Allein
der Kaiser war weit entfernt, den Protestantismus selbst stürzen
zu wollen; es sollte hier nur eine Schranke gesetzt werden den
maßlosen Streifzügen und Ueberfällen zur Wegnahme katho-
lischer Bisthümer und Abteien. Die protestantischen Fürsten
Niedersachsens singen nunmehr an, sich zu rüsten, und da ihr
Verlangen, man solle Tilly zurückrufen, nichts fruchtete, so
wählten lle"den König Christian Iv. von Dänemark,
der wegen Holstein zu ihnen gehörte, zu ihrem Kreisobersten.
Diesem war es sehr erwünscht, jetzt, unter dem Vorwände,
seinem Schwager Friedrich V. zu helfen, dänischen Einfluß in
Norddeutschland geltend machen zu können. Auch England,
auch Holland boten reiche Unterstützung an Geld und Mann-
schaft dar. Und sofort eilten auch wieder jene beiden furcht-
baren Abenteurer, Mansfeld und Christian von Braunschweig,
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: August August Friedrich Friedrich Tilly Christian_Iv Friedrich_V. Friedrich_V. Christian_von_Braunschweig
Extrahierte Ortsnamen: Lothringen Spanien Westfalen Niedersachsen Holland Hessen Niedersachsens Holstein Norddeutschland England Holland Mansfeld
394
den Rhein, um jetzt den früheren Machtgebieter in seinem ei-
genen Lande heimzusuchen. Vergebens hatten die drei ver-
bündeten Monarchen noch von Frankfurt a. M. aus höchst
günstige Fricdensbedingungen dem Geschlagenen angeboten,
um fernerem Blutvergießen Einhalt zu thun; er aber hatte diese
trotzig zurückgewiesen. „Vor einem Jahre," sprach er finster,
„zog ganz Europa mit uns, jetzt gegen uns; in drei Mona-
ten will ich einen ehrenvollen Frieden erstritten haben, oder
untergehen." Das Letztere ging in Erfüllung. Wohl hatten
die Verbündeten auch in Frankreich noch viele Kampfe zu be-
stehen. Ihre Heere waren wegen Schwierigkeit der Verpfle-
gung zu getrennt, der Anzug gegen Paris zu rasch. Mitten
zwischen seinen Gegnern lauernd stürzte Napoleon bald auf
den einen, bald auf den andern los und drängte ihn zurück.
Blücher siegte zwar bei Brienne, ward aber bei Montmirail
und Montereau umgangen und geschlagen. Im Februar 1814
mußten alle Heere der Verbündeten den Rückzug antreten.
Bald aber zogen sie sich enger zusammen und schritten kräf-
tig wieder vor. Umsonst suchte Napoleon sie bei Laon am
9. und 10. März zum Weichen zu bringen. Da wagte er
einen verzweifelten Versuch. Um die Verbündeten aus der
Nähe von Paris wegzulocken, brach er schnell nach dem Rheine
auf. Dort, in ihrem Rücken, gedachte er durch einen Auf-
stand des Volkes in Masse und in Verbindung mit den Trup-
pen der Festungen, sie gänzlich zu verderben. Aber sein Ver-
such scheiterte. Sie ließen ihn ruhig ziehen und nur durch
ein kleines nachgeschicktes Heer beobachten, während ihr Haupt-
heer rasch auf Paris losging. Am Abende des 29. März
erschien es vor den Thoren von Paris. Hier, besonders auf
den Höhen von Montmartre, hatte es noch einen heißen Kampf
zu bestehen. Endlich ergab sich Paris, und am 31. März
gegen Mittag zogen die hohen Monarchen, der Kaiser von
Rußland und der König von Preußen, in ihrer Mitte Fürst
Schwarzenberg (Kaiser Franz war zu Nanci geblieben), im
glänzenden Gefolge von Prinzen und Generalen an der Spitze
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Fürst
Schwarzenberg Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Frankfurt Europa Frankreich Paris Laon Paris Rheine Paris Paris Paris
§. 108. Die französische Revolution. 321
der Mahratten, durch die neueste Eroberung einiger
Provinzen des Birmanenreichs und der Jndusmündungen
erstreckt sich heut zu Tag die britische Macht in Ostindien vom
Himalaya bis nach Ceylon, vom Indus bis zum Irawaddy,
und gebietet dort über mehr als 100 Millionen steuer- und
50 Millionen tributpflichtiger Menschen. Diese lassen sich
ihre Herrschaft um so mehr gefallen, da die Tyrannei der
alten Rajahs und Nabobs so unerträglich und zerstörend
war, daß die englische Gesetzgebung und Verwaltung mit
ihrer erhaltenden und schaffenden Richtung „eine wahre
Wohlthat für diese Völker" wurde.
Was die ostindische Handelsgesellschaft selbst betrifft, so
mußte sie 1773 die Oberaufsicht über die ostindischen Ange-
legenheiten der Krone England einräumen, und ihre drei
Präsidentschaften Calcutta, Madras und Bombay
einem gemeinschaftlichen Generalgouverneur unter-
stellen , den sie jedoch vorschlagen darf.
3 Die französische Revolution.
L. Fall des Königthums und Errichtung der Republik.
Z. 108. Allmählig war die Zeit gekommen, da die im Laufe
des 18. Jahrhunderts am Horizonte der Politik und Re-
ligion in bösen Dünsten aufgestiegenen Wolken in einem
furchtbaren Gewitterorkan sich entladen sollten.
In Frankreich hatte die Schuldenlast, welche Lud-
wigs Xiv Eroberungssucht und Ludwigs Xv (1715 —
1774) Verschwendungssucht bis auf 1000 Millionen Fran-
ken aufgehäuft hatte, den größten Abgabendruck, und dieser
die bitterste Unzufriedenheit hervorgerufen. Zugleich hatte
das schandbare Leben am Hofe Ludwigs Xv das König-
thum in Verachtung gebracht, und die freigeistischen Schriften
21
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Ludwigs Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Ceylon Irawaddy England Calcutta Madras Bombay Frankreich Ludwigs Ludwigs König-
— 95 —
nehmen schmale Steige, manchmal bloß ein einziger, erhöhter Randstein
ein, der sich die Häuser entlang zieht und auf dem zwei sich entgegen-
kommende Fußgänger einander nicht ausweichen können. Der Boden ist
zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter feucht und kotig. Die Sonnen-
strahlen fallen täglich nur eine ganz kurze Zeit in die engen Gassen und
vermögen uicht, den Boden auszutrocknen. Die Häuser, die die Straßen
einfassen, sind turmhoch, schmal und häßlich angestrichen. Das Erdgeschoß
nehmen niedrige Läden ein, an die sich rückwärts ein dunkles Zimmer
anschließt, das in vielen Fällen den Ladenbesitzern als Wohnung dient.
Die Luft, ibie mau atmet, scheint aus unterirdischen Gefängnissen herge-
holt zu sein, und das Tageslicht verirrt sich nur selten in diese Wohn-
räume. (Nach Mauer.)
Zusammenfassung und Einprüguug.
Die Stadt Paris.
1. Die Größe der Stadt.
2. Die Straßen der Stadt (Boulevards — Vorstadtgassen.)
3. Die bedeutsamsten Bauwerke.
4. Bekannte Vergnügungsplätze.
5. Handel und Kunstgewerbe der Stadt.
Vergleich.
a.
3ifl: Wir vergleichen heute Deutschland und Frankreich
mit einander.
Dies kann geschehen in Bezug auf
1. Grenzen. Frankreich hat sicherere Grenzen als Deutschland;
denn während Deutschland im Osten und Westen fast völlig offen ist,
hat Frankreich nur einen Teil seiner Ostgrenze künstlich zu schützen.
(Festungen!) ^
2. Grüfte^ Frankreich und Deutschland sind ungefähr gleichgroß,
doch hat Deutschland viel mehr Einwohner als Frankreich.
3. Bodengestaltung. Hinsichtlich der Bodengestaltung sind beide
Länder mehrfach ähnlich.
a. Bei beiden Ländern kann ein vorwiegend gebirgifcher
und ein in der Hauptsache ebener Teil unterschieden werden,
und zwar ist in Deutschland der Südwesten, in Frankreich der Südosten
mit Gebirgsland ausgefüllt, während der Nordosten Deutschlands und
der Nordwesten Frankreichs Flachland aufweist.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Extrahierte Ortsnamen: Paris Deutschland Frankreich Frankreich Deutschland Deutschland Frankreich Frankreich Deutschland Deutschland Frankreich Deutschland Frankreich Deutschlands Frankreichs
Culturzustände.
455
und erst in der neuesten Zeit ist die Ansicht aufgekommen, wonach „jeder
Waffenfähige im Volke als geborener Kriegsknecht des Fürsten gilt."
Karl V. musste bei seiner Wahl eine umständliche Wahlkapitulatiou an-
nehmen, in der er die kostbaren alten Rechte und manches Neue zu ach-
/ ten versprach. Jedem neuen Kaiser wurden ähnliche Kapitulationen zum
Schutze gegen kaiserliche Uebergewalt vorgelegt. „Im Grunde wohl
eine schwache Wehr," sagt Rotteck, „Papier gegen Eisen, Worte gegen
Kanonendonner, und nur geltend gemacht durch die übrigen Verhältnisse."
Die Schweiz, nach Außen ein Freistaat, übte nach Innen einen
sehr empfindlichen Druck auf die Einwohner, vergrößerte sich aber fort-
während durch den Zutritt neuer Kantone, und wurde im westphälischen
Frieden von den Mächten als Freistaat anerkannt. Dasselbe geschah zu
gleicher Zeit mit den Niederlanden. Dadurch verlor Deutschland zwei
seiner edelsten Vvlksftämme, welche allein den Werth der Freiheit er-
kannten und nicht eher ruheten, als bis sie dieselbe errungen hatten.
Die Holländer zumal wagten einen Kampf zur Erringung der Freiheit
mit dem damals mächtigsten Herrscher auf Erden, Philipp Ii. von
Spanien, dem die Hilfsmittel dreier Welttheile zu Gebote standen, und
darum ist ihr Unternehmen großartiger, erschütternder und in den Fol-
gen viel weiterreichend, als das der Schweizer, die den Freiheitskampf
• aufnahmen, als Oesterreichs Macht erst im Entstehen war. Daher bei
den Schweizern nur eine Reihe von Siegen, bei den Holländern eine
Kette von Wechselfällen, durch welche sie sich oft nur durch den Muth
der Verzweiflung von dem Rande des Verderbens wieder zu besserer Lage
zu erheben vermochten. Das Object des Kampfes war solcher An-
strengung werth, es war dies die freie Verfassung. Von Philipp's
Despotie bedroht mit gleicher Knechtschaft, wie dessen übrige Unterthanen,
von dem finsteren Tyrannen gehasst ob ihrer Ketzerei, blieb ihnen nur
übrig, zu siegen und ihre Verfassung und ihren Glauben zu erretten, oder
unterzugehen. Bisher waren die Holländer nominelle Unterthanen der
Herzoge von Burgund, allein die Verfassung war den wesentlichsten Be-
stimmungen nach republikanisch und geschützt gegen die Willkür der
Herzoge durch einen Damm von geschriebenen Rechten, Freiheiten und
Privilegien. Gesetze, Kriegserklärungen, Steuern, überhaupt alle
wichtigen Staatsangelegenheiten hingen von der Bewilligung der Stände
ab, die aus Adel, Geistlichkeit und Stadtgemeinden zusammengesetzt
waren. Der Segen einer solchen Verfassung lag klar vor aller Welt
da: der Landbau stand im Flor, die Gewerbe hatten einen früher nicht
gekannten Aufschwung genommen und vom Handel genüge es zu sagen,
dass z B. Antwerpen damals während eines Monats mehr und größere
Geschäfte machte, als Venedig in zwei Jahren während seiner glänzend-
sten Zeit. In Unionsangelegenheiten hatten die sieben Provinzen gleiche
Rechte, jede Provinz aber bildete einen eigenen Staat und in demselben
hatte nicht das Volk, sondern die Stände die Regierung in den Hän-
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Rotteck Philipp_Ii Philipp Oesterreichs
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Spanien Siegen Burgund